“Richmond” macht dicht

Buenos Aires verliert traditionsreiches Café

Von Marcus Christoph

Die argentinische Hauptstadt ist um ein traditionsreiches Kaffeehaus ärmer: Am vorigen Wochenende schloss das in ökonomische Schieflage geratene Café “Richmond” in der Fußgängerzone an der Straße “Florida” für immer seine Pforten. Dort wo einst Literaturgrößen wie Jorge Luis Borges oder María Elena Walsh in eleganten Chesterfield-Möbeln ihren Kaffee tranken, wird in Kürze ein US-Sportartikelhersteller seine Waren anbieten.

Am Ende war es eine Nacht- und Nebelaktion. In der Nacht von Sonnabend zu Sonntag rückten Möbelpacker an und räumten die seit 1917 bestehende Gaststätte leer. Die Café-Angestellten, die am folgenden Morgen zur Arbeit wollten, fanden verriegelte Türen vor. Am Dienstag besetzten sie das Gebäude, um Gehalt und Entschädung zu fordern. Sie beendeten am Folgetag ihre Aktion, nachdem ihnen von den neuen Eigentümer Entschädigungszahlungen zugesichert wurden.

Bereits in der Vorwoche hatte es Protest gegen die Schließung gegeben. Am Freitag hatte die Kommission zum Erhalt des historischen Erbes eine Menschenkette organisiert. Auch auf parlamentarischer Ebene gab es Maßnahmen. So stellte das Stadtparlament das “Richmond”-Gebäude unter Schutz. Doch das reicht nicht, um den Café-Betrieb zu sichern. Denn eine andersartige gewerbliche Nutzung des Hauses wird durch die Parlamentsinitiative nicht verboten. Nach Angaben der Tageszeitung “Clarín” wechselte das Gebäude für rund 9 Millionen US-Dollar den Besitzer.

Eintauchen in eine andere Wirklichkeit

BAnecdoTour – Eine zauberhafte Reise auf den Spuren der Sagen und Mythen von Buenos Aires

Von Charlotte Dötig

Abends, wenn es schon dunkel ist, hört man die Schreie der Toten, die Hilferufe der Ungerächten, die keine Ruhe finden in ihren Gräbern, die um Vergeltung flehen und um Erlösung bitten. Es ist dieselbe Stadt, das gleiche Viertel und die exakt übereinstimmende Straße, doch eine andere Realität. Eine Reise durch Buenos Aires, losgelöst von Alltagstrubel und Standardvorstellungen, eine Führung, die jeden Erwachsenen wieder mit Kinderaugen sehen lässt. Geistern wird Raum geboten und der Phantasie Platz gegeben. Selbst wer nicht staunend vor der von Zauber erfüllten Stadt steht, hat doch ein Schmunzeln auf den Lippen. Gabriela Hallas und ihre beiden sympathischen Begleiter, Juan Manuel Mendoza und Mariano Córdoba, führen durch Straßen, von denen viele meinen, sie schon gut zu kennen und überrascht sind, welche Welten sich vor ihnen auftun: zu real, um Phantasmen, und zu phantastisch, um echt zu sein.

“BAnecdoTour” ist ein junges Unternehmen mit einem von Herzen präsentierten Programm, eine Führung für Fremde und Einheimische auf Englisch, Deutsch und Spanisch für alle, die die Geschichte von Buenos Aires auf ganz unaufdringliche Art und Weise noch mal neu kennenlernen möchten. Drei Stunden sind auch kein Zeitraum, der einen überanstrengt oder sich gar so lang hinzieht “como la construcción del Congreso” – wie der Bau des Kongressgebäudes. Dieses geflügelte Wort wird unter den alteingesessenen Argentiniern, den sogenannten “porteños”, meist im Zusammenhang mit langen Bauprozessen verwendet. Das bombastische Gebäude mit riesigen Säulen, welches der Sitz des argentinischen Nationalkongresses ist, weckt nicht nur wegen seiner politischen Wichtigkeit Interesse und den Sälen, die Namen tragen, als gehörten sie zu verzauberten Räumen aus “Tausend und einer Nacht”, sondern auch wegen der Streitigkeiten, die aufgrund viel zu obszöner Statuen, die sich im Außenaufgang befanden, ausbrachen, oder Löwen, die auf mysteriöse Weise verschwanden und über die nie wieder gesprochen wurde. Im “Raum der verlorenen Schritte” wird man wohl kaum eine Antwort auf neugierige Fragen nach diesen nun leerstehenden Sockeln bekommen.

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PR-Strategie oder soziale Verantwortung?

Ausstellung “Una persona = Un grano de arroz” im Palais de Glace

Von Jasmin Müller

In China ist ein Sack Reis umgefallen. In der Hauptstadt Argentiniens sogar mehrere. Und deren Inhalt befindet sich nun auf dem Boden des Palais de Glace – aufgeteilt in unterschiedlich große Haufen. Jedes Reiskorn symbolisiert eine Person, und so werden zu verschiedenen Themen Statistiken mit Hilfe der Reiskörner dargestellt.

“Wir möchten […] neue Denkweisen fördern, vor allem im Bezug auf Themen wie Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden” so Matías Fernández, Geschäftsführer der Gallo-Markengruppe. Jedoch ist es eher befremdlich, wenn man sich den Reisberg anguckt, der Justin Biebers Twitterfolger zeigt, oder das kleine Häufchen, welches die Anzahl der Ehemänner Elizabeth Taylors darstellt. Schwerer zu verdauen sind hingegen die Millionen Reiskörner bzw. Menschen, die in Südamerika leben und mit weniger als 2 Dollar pro Tag auskommen müssen oder die zwei Kinder, die pro Minute an Malaria sterben.

Die Ausstellung, die bereits in 48 Städten zu sehen war, findet zum ersten Mal in Lateinamerika statt und wird von Arroz Gallo und der “Fundación Banco de Alimentos” gesponsert. Die eigentliche Idee stammt von der britischen Künstlergruppe Stan’s Café. Aus diesem Grund stehen wohl auch steif gekleidete Engländer mit ockerfarbenen Mänteln hinter einem Tisch mit großen und kleinen Waagen. Denn auch die Besucher können Vorschläge für Statistiken machen, die dann umgesetzt werden.

Ein schmaler Grat zwischen raffinierter PR-Arbeit und dem Hinweisen auf soziale Problematiken.

Die Ausstellung “Una persona = Un grano de arroz” findet noch bis einschließlich morgen, 17.7., statt (Palais de Glace, Posadas 1725, 12-20 Uhr, Eintritt frei).

Klassik für Schüler

“Mein erstes Konzert” im Teatro Colón

Von Charlotte Dötig

Musikalisches Erlebnis für Schüler: Am Montagvormittag fand im Teatro Colón die erste Vorstellung aus der Reihe “Mi primer concierto” für Kinder im Alter von elf und zwölf Jahren statt. An der außerordentlichen Aufführung nahmen mehr als 2000 Schüler aus Schulen von ganz Buenos Aires teil. Getragen wurde die Veranstaltung vom “Estudio Coral de Buenos Aires” unter der Leitung von Carlos López Puccio. Das Programm bestand aus Werken von Debussy, Liszt, Jannequin, Ligeti, Thompson, Guastavino und Correa. Außerdem gab es eine Anleitung zur Vor- und Nachbereitung der Aufführung. “Mein erstes Konzert” ist ein pädagogisch ausgerichtetes Programm für Schüler der Primaria, Sekundaria und anderer Kultureinrichtungen in Buenos Aires. Infos unter E-Mail prensa@teatrocolon.org.ar.

Klavierkonzerte von Volker Ziemendorff

Erstes Konzert des deutschen Pianisten am 8. Juli

Von Susanne Franz

Unter der Schirmherrschaft der Deutschen Botschaft in Buenos Aires unternimmt der in Argentinien lebende deutsche Pianist Volker Ziemendorff eine Kozerttournee durch Argentinien und Deutschland. Am kommende Freitag, dem 8. Juli, um 19 Uhr, findet das erste Konzert im Museo Isaac Fernández Blanco, Suipacha 1422. Buenos Aires, statt. Auf dem Programm stehen die Sonate A-dur, D 959, von Schubert und die Kreisleriana, op. 16 von Schumann. Am 31.7., um 17.30 Uhr, spielt Ziemendorff in der Scala de San Telmo, Pasaje Giuffra 371. ebenfalls in der Hauptstadt. Die Tourneedaten in Deutschland sind: 20.8., Hamburg; 21.8., Glückstadt; 9.9., Neuenhain; 10.9., Kelkheim. Abschließend steht dann Posadas, Provinz Misiones, auf dem Programm, wo Ziemendorff am 23.9. um 20 Uhr ein “Concierto por la Igualdad” (Konzert für die Gleichheit) im Teatro Lírico del Centro del Conocimiento in Posadas gibt.

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Der Beginn einer neuen Ära

Präsentation des neuen Vorhangs im Theater Colón

Von Charlotte Dötig

Alle haben sich für diesen Abend herausgeputzt, die Frauen ihre schönsten Kleider angelegt, die Männer frisch rasiert und ein bisschen Parfüm angesprüht. In der Eingangshalle werden Freunde und alte Bekannte begrüßt, das Wetter wird besprochen und Kritiken über die bevorstehenden Aufführungen vorweggenommen. Doch nun endlich ist es soweit. Jeder sitzt auf seinem Platz, fühlt sich wie Prinz und Prinzessin in dem prächtigen Saal und doch so klein und unbedeutend zwischen all den Menschen. Nur noch vereinzelt hört man lautes Gelächter, die Gespräche gehen in dem Gemurmel der Menge unter und die Lichter langsam aus. Die Spannung steigt. Jeden Moment kann es losgehen und so schauen alle gebannt auf den Vorhang. Der Vorhang, der die Bühne vor neugierigen Blicken schützt, der Vorhang, der die einzelnen Akte voneinander trennt und sich am Ende wieder schließt, um das Geheimnis des Theaters zu wahren und die Aufführung liebevoll und doch bestimmt zu beenden.

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Kleine kulturelle Explosion

4. Festival “Ciudad Emergente” im Centro Cultural Recoleta

Von Charlotte Dötig

Die Leute schoben sich durch die Gänge, in den Ausstellungsräumen tummelten sie sich vor den Bildern und bewunderten mit großen Augen die Mode. Das Festival “Ciudad Emergente” im Centro Cultural Recoleta war eine kleine kulturelle Explosion, angefeuert von der Musik argentinischer Rockbands und spanischer Bekanntheiten, wie “Love of Lesbians”. Bis zur letzten Minuten am Montagabend pilgerten hauptsächlich Jugendliche zu dem Spektakel, und nicht mal die Kälte konnte sie davon abhalten, bis zum Einbruch der Nacht auf der Terrasse zu stehen und zum Beat der Taktstöcke und zur Melodie geträllerter Liebeserklärungen zu tanzen.

Nur vereinzelt zogen sich Einige in die Leseecken zurück, eher schaute man sich Filme an oder ließ sich von der visuellen Darstellung Elektronischer Musik in eine andere, fantastische Welt tragen. Stundenlang konnte man so da sitzen, sich träumerisch von den Bildern, die rhythmisch voneinander abgehoben waren, der Realität entziehen. Wer sich lieber aktiv am Geschehen beteiligen wollte, konnte sich auf einer der riesigen Außenwände mit Sprühfarbe verewigen. Die meisten bewunderten jedoch nur staunend die Sprühkunst und verzichteten darauf, auch nur zu versuchen, ein konkurrenzfähiges oder nur annähernd so gutes Abstrakt an die Wand zu bringen, mit dem man sich neben den anderen hätte sehen lassen können.

Es war ein Ausflug in die abwechslungsreiche Welt der Künste, bei dem man sehen konnte, auf welch unterschiedliche und doch gekonnte Weise sich vor allem junge Menschen versuchen auszudrücken. Mit Begeisterung und Spaß wurden die Menschenmengen angelockt und mit ausdrucksstarker Kunst belohnt.

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Auftritt der Tourettes.

Borges-Labyrinth in Venedig

Lagunenstadt ehrt den argentinischen Autor zum 25. Todestag

Von Susanne Franz

Zu Ehren des argentinischen Schriftstellers Jorge Luis Borges wurde anlässlich seines 25. Todestags am 14. Juni ein Labyrinth in Venedig eingeweiht. Es basiert auf einem Entwurf aus den 80er Jahren des 2005 verstorbenen britischen Diplomaten und “Labyrinthologen” Randoll Coate und besteht aus einer drei Kilometer langen Ligusterhecke aus 3000 Pflanzen, die eine Höhe von 75 Zentimetern aufweist und, auf einer Fläche von 2300 Quadratmetern angeordnet, den Namen des Geehrten darstellt. Die italienische Stiftung Giorgio Cini hat das Labyrinth nach dem Vorbild eines bereits 2003 nach Coates Plänen errichteten Irrgartens auf der “Finca Los Alamos” in der argentinischen Provinz Mendoza, in den Gärten der Kirche San Giorgio Maggiore auf der gleichnamigen Insel errichten lassen, die durch den Canal Grande vom Markusdom getrennt ist. Hier sollen nun im Sommer immer Konzerte und Filmvorführungen stattfinden.

Argentinien auf der 54. Kunstbiennale von Venedig

Adrián Villar Rojas zeigt Installation “El asesino de tu herencia”

Von Susanne Franz

Zwei Monate Arbeit vor Ort, 10 Bildhauer und Bauarbeiter, sechs Assistenten, 25 Tonnen Material: Die Installation “El asesino de tu herencia” (Mörder deines Erbes), mit der der Künstler Adrián Villar Rojas Argentinien auf der am heutigen Samstag beginnenden 54. Kunstbiennale von Venedig (bis 27. November) vertritt, kann in einem der riesigen “Arsenale”-Räume der Biennale bewundert werden. Gleich gegenüber wird ein permanenter argentinischer Pavillon entstehen, ein dementsprechendes Abkommen mit den Biennale-Autoritäten wurde am Freitag unterzeichnet.

Villar Rojas thematisiert in seiner Arbeit das Phantasiekonstrukt von Parallelwelten und entwirft ein Spiel mit verschiedenen potenziellen Entscheidungsmöglichkeiten, die die Menschheit im Verlauf ihrer Geschichte gehabt haben könnte bzw. Wegen, die sie (stattdessen) hätte einschlagen können. Aus diesen Überlegungen heraus lässt Villar Rojas die apokalytische Vision von einem von den letzten Menschen auf dem Planeten geschaffenen “letzten Kunstwerk” entstehen.

Kurator Rodrigo Alonso, der Villar Rojas als argentinischen Biennale-Vertreter auserkoren hat, steht fest hinter der Wahl des erst 31-jährigen Künstlers aus Rosario: “Wir setzen auf die Zukunft”, so der renommierte Kritiker.

Weitere Infos und Bilder hier.

Foto:
Arbeit an “El asesino de tu herencia”.

Argentinische Kunst im Netz

Englisch-spanische Website Art Index Argentina / Online-Führung arteBA

Von Susanne Franz

Oft ist die Sprache ein Hinderungsgrund für Kunstliebhaber, Kuratoren, Sammler oder Galeristen aus aller Welt, sich mit der argentinischen zeitgenössischen Kunst vertraut zu machen. Dem will die Web-Unternehmerin Raquel Arévalo aus Buenos Aires mit ihrer auf Englisch und Spanisch erscheinenden Internetseite “Art Index Argentina” abhelfen. Nach zwei Jahren Planung ging die Seite vor einem Jahr an den Start.

“Nach einer eingehenden Analyse des Marktes habe ich festgestellt, dass ein großes Interesse an lateinamerikanischer Kunst herrscht”, sagt die Betriebswirtschaftlerin mit einem Master in Business Administration von der Universität Michigan in den USA, wo sie bis 1999 sieben Jahre gelebt hat. “Dabei bleibt die argentinische Kunst oft außen vor, da wir doch recht weit ab vom Schuss sind und mehr Möglichkeiten brauchen, uns nach außen hin zu präsentieren.” Um dies zu erleichtern, rief Raquel Arévalo “Art Index Argentina” – das argentinische Fenster, das sich zur zeitgenössischen Kunst hin öffnet”, so der Untertitel – ins Leben.

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