“Man schützt nicht, was man nicht liebt”

Nachtwanderung in der Reserva Ecológica Costanera Sur

Von Virginia Kirst

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In der Reserva Ecológica scheint der Mond fast so hell wie tagsüber die Sonne.
(Foto: Virginia Kirst)

Den Weg zum Eingang der Reserva Ecológica Costanera Sur sollte man lieber nicht alleine gehen. Es ist zwar 19.30 Uhr und der Vollmond geht gerade auf, aber es ist düster, und düster sind auch die Gestalten, die sich vor dem Eingang herumdrücken. 120 Personen dürfen heute Abend an dem geführten nächtlichen Besuch des Reserva Ecológica Costanera Sur teilnehmen. Die Anmeldung jedoch birgt eine Hürde: Die Teilnehmeranzahl ist begrenzt. Schon zwei Stunden nach Beginn der Anmeldefrist sind keine Plätze mehr frei. Die kostenlose Führung, die ein Mal im Monat bei Vollmond stattfindet, scheint ebenso bekannt wie beliebt zu sein.

Die Besucher werden in kleinere Gruppen von etwa 20 Personen eingeteilt. Jede Gruppe bekommt einen Führer, und die Wanderung in die Dunkelheit beginnt. Hernando gibt den Teilnehmern seiner Gruppe die letzte Möglichkeit zum Umkehren: Der Ausflug ist vier Kilometer und drei Stunden lang. Niemand ändert seine Meinung und es geht los. In der Reserva Ecológica Costanera Sur scheint der Mond fast so hell wie tagsüber die Sonne. Auf den öffentlichen Wegen führt Hernando die Gruppe tiefer ins Reservat und erklärt einiges zu Flora und Fauna.

Interessant ist besonders die Entstehungsgeschichte des Gebiets: Von Anfang der 1970er Jahre stammt die Idee zu einem Landgewinnungsprojekt vor dem damaligen Balneario Costanera Sur. Balneario heißt Seebad, ein Name, der zu diesem Zeitpunkt schon überholt ist, da das Baden im Río de la Plata seit den 1950er Jahren verboten war. Auf dem durch das Projekt neu gewonnenen, zentrumsnahen Boden sollten damals Regierungsgebäude errichtet werden. 1978 wurde begonnen, das Projekt zu realisieren. Schutt, der bei der Erneuerung der urbanen Autobahnen anfiel, wurde im Fluss aufgeschüttet. Mit diesen Dämmen wurden Teile des Flusses abgetrennt. Dazwischen entstand durch Sedimentablagerungen Land. Die Maßnahmen wurden bis 1984 weitergeführt, bis schließlich, nicht zuletzt durch Geldmangel, das Projekt verworfen wurde.

Auf dem gewonnenen Boden begannen sich einheimische Pflanzen auszubreiten, deren Samen in den Sedimenten des Flusses aus den unterschiedlichsten Regionen angeschwemmt worden waren. Andere Samen gelangten mit dem Wind oder Tieren in das Gebiet. Schon nach kurzer Zeit wurde die Region von den Einwohnern der Stadt entdeckt. Neben Joggern und Radfahrern kamen auch Biologiestudenten und vor allem Vogelbeobachter, um die neu entstandene Natur zu genießen und zu untersuchen. Am 5. Juni 1984 wurde das Gebiet schließlich von der Stadt unter Naturschutz gestellt. Dank dieses Gesetzes zum Schutz des 360 Hektar großen Naturreservats besteht es bis heute, und die Artenvielfalt entwickelt sich weiter.

Hernandos Informationen sind zwar interessant, atemberaubend hingegen ist die Sicht, die einem die Natur hier bietet. In dieser Nacht hat sich eine Schicht von Nebel über die tiefer gelegenen Regionen des Reservats gelegt. Der Nebel wird vom Vollmond angestrahlt und liegt wie ein weißer, geheimnisvoller Mantel über der Landschaft. Je weiter man sich von der Großstadt entfernt, desto leiser werden die alltäglichen Geräusche. Der Lärm der Autos und des Hafens wird aber auf der Wanderung nie ganz verstummen. Langsam steigt der Mond höher und leuchtet den Weg.

Plötzlich bittet Hernando die Gruppe, eine Reihe zu bilden, und es wird spannend. Er verlässt den öffentlichen Weg und führt ins Unterholz. Der für die Öffentlichkeit verbotene Pfad kann nur in einer Ein-Mann-Reihe begangen werden und erfüllt die Erwartungen, die er suggeriert hatte. Er eröffnet den eigentlichen Reiz des Besuches. Hier ist es dunkel und geheimnisvoll, das Pampasgras ist mannshoch und verdeckt den Mond. Sogar die Jugendlichen der Gruppe scheinen sich endlich alles erzählt zu haben. Langsam gewöhnt sich das Ohr an die Geräusche der Natur. Hier und da schreckt direkt neben dem Weg ein Vogel auf und erschreckt die Besucher, so wie sie ihn erschreckt haben. In einem nahegelegenen Wäldchen legt die Gruppe dann einen lehrreichen Zwischenstopp ein. Hernando erläutert weitere Merkmale der nächtlichen Natur.

Wieder zurück auf dem öffentlichen Weg, gelangt die Gruppe an den Río de la Plata. Die Aussicht, auf das pechschwarze Wasser des Río, in welchem sich der Vollmond spiegelt, sowie auf die Stadt, die hinter den Bäumen des Reservats leuchtet, ist beeindruckend.

Auf dem Rückweg hat Hernando noch eine besondere Überraschung: Auf einem Steg, der über Grasland ragt, spielt er mit seiner Ukulele Lieder. Die Lieder handeln – wovon auch sonst – von einigen heimischen Vogelarten.

“Man schützt nicht, was man nicht liebt, und man liebt nicht, was man nicht kennt”, ist der Slogan der Internetseite der Reserva Ecológica Costanera Sur. Nach diesem Erlebnis versteht man dieses Motto. Die nächtliche Führung vermittelt einen hautnahen Eindruck von diesem Stück wiedergewonnener Natur. Das Naturreservat unmittelbar neben der Innenstadt von Buenos Aires ist ein ganz besonderer Ort und verdient Beachtung und Schutz.

„Wir brauchen unsere Phantasie, um zu überleben“

Henning Mankell war der Stargast der Buchmesse von Buenos Aires

Von Svenja Beller

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Ernesto Mallo hing wie das Publikum an den Lippen Henning Mankells.
(Foto: Svenja Beller)

Geblendet blinzelt er ins Publikum, das weiße Haar leuchtet im Scheinwerferlicht. Die meisten seiner Zuhörer tragen schwarze Kopfhörer, durch die eine argentinische Frauenstimme seine Worte übersetzt. Er selbst spricht Englisch, am liebsten Schwedisch: Henning Mankell.

Am Donnerstagabend der vergangenen Woche sprach der charismatische Schriftsteller im Rahmen des „Schwedischen Tages“ auf der „Feria del Libro“ mit Ernesto Mallo, seines Zeichens Autor und Journalist. Der schwedische Botschafter Arne Rodin kündigte seinen Landsmann stolz an und hatte eine für ihn symbolträchtige Anekdote zu erzählen. Ein Taxifahrer habe, als er sich im Wagen auf Schwedisch unterhalten hatte, festgestellt: „ Ah, Schweden, das Land von Henning Mankell.“ Der vielfach ausgezeichnete Bestsellerautor ist bekannt wie ein bunter Hund, seine Krimis um Kommissar Kurt Wallander werden weltweit gelesen, natürlich auch in Argentinien.

„Wir leben in einer wahnsinnig verrückten Welt. Ich fühle, dass ich als Autor darüber reden muss“, will Mankell gleich zu Beginn klarstellen. Er erzählt Geschichten aus Afrika, wo er sich seit Jahren ein zweites Standbein aufgebaut hat, und aus Schweden – vom Strand und vom Schnee. Einmal bat eine afrikanische Frau ihn zu tanzen, statt sich mit Worten vorzustellen. Ihm zeigte dies, dass nicht immer die Sprache das wichtigste Kommunikationsmittel ist. Dann schweift er in die Kindheit zurück. „Wir brauchen unsere Phantasie, um zu überleben“, ruft er eindringlich in den vollbesetzten Saal. Als Kind nutze man die Phantasie, um mit schwierigen Fragen wie dem Tod oder der Angst umzugehen. Die Erwachsenen sollten sich diese Gabe zurückerobern und durch die Brille der Phantasie die Welt betrachten.

Auf die Frage nach seiner Inspiration nennt er das griechische Drama und Shakespeares „Macbeth“. Für ihn sind diese Werke die ersten Krimis, und in ihrer Tradition bemüht er sich zu schreiben. Und dann endlich das Thema Wallander. Wie geht es weiter mit dem eigenwilligen Antihelden? „Vor zwei Wochen habe ich die neue Wallander-Geschichte fertiggeschrieben“, verkündet der 61-jährige Mankell unter Applaus. Danach werde jedoch kein nächster Teil möglich sein, sterben werde der Kommissar aber nicht. In dem also endgültig letzten Buch bekomme Kurt Wallander ein Enkelkind, beginnen werde die Geschichte im Jahre 1983 im Büro des schwedischen Premierministers. Die Popularität seiner Figur erklärt Henning Mankell sich so: „Er ist einer von uns, er ist kein James Bond.“ Er habe die gleichen Sorgen wie seine Leser, bekomme sogar Diabetes. Das mache ihn real, menschlich und greifbar. Und unglaublich beliebt.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 09.05.09.

7. Tangomeisterschaft der Stadt Buenos Aires

Volles Tangoprogramm für Tänzer und Zuschauer im Mai

Von Virginia Kirst

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Vom 30. April bis zum 30. Mai findet in allen Barrios von Buenos Aires die 7. Tango-Tanz-Meisterschaft statt. Alle Tangotänzer und -tänzerinnen der Stadt können an dem Wettbewerb teilnehmen, um sich für das Finale des weltweiten Tangofestivals zu qualifizieren. Das diesjährige Turnier wurde am 30. April mit der ersten Vorrunde in der Milonga El Arranque eröffnet.

In der siebten Auflage der Tangomeisterschaft gibt es eine neue Wettbewerbskategorie: Zusätzlich zum klassischen Tango Salón (unterteilt in adulto, senior und Milonga) kommt in diesem Jahr die neue Kategorie Valz (Walzer) hinzu.

Getanzt wird in 22 traditionellen Milongas, die über die Stadt verstreut sind. In den Qualifikationsrunden können die Paare sich für die Halbfinale, die am 26., 27. und 28. Mai ausgetragen werden, und dort schließlich für das Finale im Teatro del Colegio San José (30. Mai) qualifizieren. Die Sieger der Kategorien adulto sowie senior des Tango Salón gewinnen eine Geldprämie und qualifizieren sich für das Finale der weltweiten Tangomeisterschaft, welche jährlich im August vom Kulturministerium der Stadt Buenos Aires veranstaltet wird.

An der letzten städtischen Tangomeisterschaft nahmen 600 Tanzpaare teil. Und auch in diesem Jahr ist es leicht, mitzutanzen: Die Teilnahme erfolgt am Tag der Milonga vor Ort durch Vorzeigen des Ausweises.

Die Qualifikationsrunden in der folgenden Woche für alle Kategorien sind:

  • 9.5. um 23.30 Uhr in A Puro Tango (Av. Scalabrini Ortíz 1331)
  • 14.5. um 21.30 Uhr im Salón Sur (Av. Sáenz 459)
  • 16.5. um 23.30 Uhr in Sunderland (Lugones 3162)

Nur für Tango und Milonga kann man sich an den folgenden Terminen qualifizieren:

  • 10.5. um 23.30 Uhr im Club Gricel (La Rioja 1180)
  • 13.5. um 22 Uhr in Viejo Correo (Av. Díaz Vélez 4820)
  • 14.5. um 23.30 Uhr in Fulgor de Villa Crespo (Loyola 828)
  • 15.5. um 24 Uhr in Sin Rumbo (Tamborini 6157)

Auch Zuschauer sind zu diesen Terminen natürlich willkommen. Die Eintrittspreise liegen zwischen zehn und 20 Pesos. Ein weiteres Spektakel im Rahmen der Meisterschaft, das sicherlich einen Besuch wert ist, ist die Milgona im Freien, die diesen Sonntag, 10. Mai, ab 19.30 Uhr auf der Plaza Dorrego (Humberto Primo und Defensa) stattfinden wird.

Weitere Infos zu den Veranstaltungen im Internet.

Erschienen im “Argentinischen Tageblatt” vom 09.05.09.

Todo Tango

Informative Webseite über den Tanz der Argentinier

Von Hanna Jochims

Der Tango wurde in La Boca, dem Hafenviertel von Buenos Aires, geboren – sagen die Argentinier. Die Uruguayer hingegen meinen, dass er aus Montevideo kommt. Auf jeden Fall von Lateinamerika aus hat sich die getanzte Leidenschaft, Sinnlichkeit und Erotik in der ganzen Welt verbreitet. Heute tanzen Paare in Japan, China, den USA und Europa im Wechselspiel von Anziehung und Distanz. Auch in Deutschland gibt es eine wachsende Fangemeinde.

Wer sich trotz Entfernung dem argentinischen Tango nah fühlen oder sich vor Ort über Milongas, Kurse und Hintergründe informieren möchte, kann dies online tun. Auf der Todo Tango-Webseite findet sich alles rund um sinnlichen Tanz. Das Portal ist auf Spanisch und Englisch aufrufbar.

Todo Tango bietet Informationen zu berühmten Tangokünstlern: Sänger, Tänzer, Musiker, Poeten. Unter „Stories“ finden sich Interviews, Artikel und Legenden rund um den Tanz. Viele Tangos sind online abspielbar. Hat man vorher in der Bibliothek die Texte abgerufen, steht dem gefühlvollen Mitsingen nichts mehr im Wege.

Im Community-Bereich tauschen sich die Tangofans am virtuellen Cafétisch aus. Während man sich Neuigkeiten mitteilt oder in der Vergangenheit schwelgt, laufen im Radio Tangoshows. Einen Extrabereich der Seite widmen die Macher dem großen Carlos Gardel: Wie er lebte, was er veröffentlichte, wie sich seine Stimme anhörte, wie er tanzte – es bleiben keine Fragen offen.

Hat man nach all dem noch Lust auf mehr, kann man einen Blick auf die empfohlenen Links werfen. Dort finden sich, nach Ländern sortiert, hunderte Tangoseiten zum Weiterlesen. Die detailliert und liebevoll gestaltete Seite hat bereits mehrfach den Mate.ar-Award als beste Webseite Argentiniens gewonnen. Zu Recht.

Klingende Leinwände

1. Kino- und Musikfestival ‚Pantallas Musicales‘ in San Isidro

Von Susanne Franz

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Vom heutigen Samstag an und bis zum 12. Dezember findet in San Isidro das erste “Festival de Cine y Música ‚Pantallas Musicales‘” statt, organisiert von der Stadtverwaltung San Isidro, der Cinemateca Argentina und der Festspiele SRL, die auch das Internationale Klassikfestival von Ushuaia organisiert.

Dem Publikum wird – gratis – auf diesem neuartigen Freiluft-Fest etwas ganz Besonderes geboten, nämlich restaurierte Stummfilmklassiker mit Live-Musikbegleitung anerkannter Ensembles und Solisten. Diese argentinischen und internationalen Musiker spielen bei den jeweiligen Aufführungen entweder die Originalpartitur oder eigens für die Darbietung komponierte Musik.

Man könne sich die Festivalwoche kaum in einem schöneren Rahmen vorstellen als in den Gärten, Häusern oder auf den Plätzen des historischen San Isidro, schwärmen die Veranstalter. Sie erhoffen sich, dass auch das Rahmenprogramm (Milongas unter freiem Himmel, ein Gastronomie-Event) mit dazu beitragen wird, dass das Festival auf Anhieb zu einem neuen kulturellen Highlight in Argentinien werden wird.

Die nächtlichen musikalischen Filmvorführungen werden in den Gärten des Museo Pueyrredón, vor der Kathedrale von San Isidro, auf der Plaza Mitre, im Kino Atlas des Tren de la Costa, in den Gärten der Villa Ocampo, im Paseo de los Tres Ombúes und auf der Plaza 9 de Julio stattfinden.

Auf dem Programm stehen:

  • 6.12., 21 Uhr: “Expedición Argentina Stoessel” (Argentinien, 1928/30, von Andrés und Adán Stoessel, mit Originalpartitur, gespielt von Santiago Chotsourians Orchester). In den Gärten des Museo Pueyrredón.
  • 7.12. 21 Uhr: “La Pasión de Juana de Arco” (Frankreich, 1928, von C.T. Dreyer, mit Originalpartitur, gespielt von Santiago Chotsourians Orchester). Vor der Kathedrale.
  • 8.12., 21 Uhr: “Chapliniana” (3 Chaplin-Kurzfilme, 1916, begleitet von Ernesto Jodos am Klavier). Plaza Mitre.
  • 9.12., 21 Uhr: Piazzolla-Hommage + “Dos Basuras” (Argentinien 1958, von Kurt Held). Kino Atlas.
  • 10.12., 21 Uhr: Avantgarde-Kurzfilme u.a. von Hans Richter (Deutschland), Luis Buñuel/Salvador Dalí (Spanien) und Man Ray (Frankreich), begleitet vom Marcelo-Katz-Trio. In den Gärten der Villa Ocampo.
  • 11.12., 21 Uhr: “Perdón Viejita” (Argentinien 1928, von José Agustín Ferreyra, begleitet von “Vale Tango” unter Andrés Linetzky, Solist: Esteban Riera. Auf der Plaza 9 de Julio. Im Anschluss Milonga.
  • 12.12., 21 Uhr: “Erotikon” (Tschechoslowakei 1929, von Gustav Machatý, originalpartitur von Jan Klusák, dargeboten vom Kammerensemble unter Santiago Chotsourian. Im Paseo de los Tres Ombúes.

Die Gratis-Karten zu einigen der Vorstellungen, die nur eine begrenzte Zuschauerzahl zulassen, müssen vorab abgeholt werden. Einzelheiten dazu und das komplette Programm finden Sie auf der Webseite des Festivals.

Kinotheater – Theaterkino

Zyklus “Cine-Teatro” im Centro Cultural Rojas

Von Hanna Jochims

Becketts “Warten auf Godot”, von Samuel Beckett selbst inszeniert. Am 01.11.2008, hier in Buenos Aires. Wie das sein kann? Wo Beckett doch 1989 in Paris starb? Das Centro Cultural Rojas macht es möglich. In seiner Reihe “Cine-Teatro” zeigt es seit dem vergangenen Samstag großes Theater in digitaler Form. Jeden Samstag um 18 Uhr öffnet sich der Vorhang für Verfilmungen bedeutender moderner und zeitgenössischer Theaterstücke. Der Zyklus “Cine-Teatro” in der Sala Biblioteca des Rojas (Av. Corrientes 2038) findet noch bis zum 29. November statt. Alle Vorführungen sind gratis.

Heute, am 18.10., steht Shakespeare auf dem Programm. Seine wohl bekannteste Tragödie “Hamlet” wird in einer Inszenierung von Peter Brook gezeigt (Frankreich, 2001). Am 25. Oktober ist die “Hamletmaschine” von Heiner Müller zu sehen. Daniel Veronese, Emilio García Wehbi und Antonia Alvarado führten Regie, gespielt wurde die “Máquina Hamlet” 1995 von der argentinischen Kompanie “El Periférico de Objetos”. Und dann: “Warten auf Godot”, Samuel Becketts Meisterwerk. 1988, ein Jahr vor seinem Tod, inszenierte der irische Dramatiker sein Stück in den USA. Der entstandene Film läuft am 01. November im Rahmen des Zyklus. An den folgenden Samstagen werden Werke von Pina Bausch, der Starchoreographin der internationalen Tanzszene (8.11.), ein weiterer Beckett (15.11.), die weltbekannte französische Theaterregisseurin Ariane Mnouchkine (22.11.) und Tadeusz Kantor (29.11.) gezeigt.

Doku-Festival in Buenos Aires

Dokumentarfilm-Festival docBsAs/08

Von Hanna Jochims

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Dokumentarfilme, früher häufig als „Kassengift” abgetan, erfreuen sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit. So melden Dokumentarfilmfestivals wie zum Beispiel das „Sunny Side of the Doc” (Frankreich) steigende Besucherzahlen.

In Buenos Aires findet vom 16. bis zum 26. Oktober das Dokumentarfilmfestival docBsAs/08 statt. Zum achten Mal werden die besten internationalen Produktionen gezeigt, diskutiert und kommentiert.

Im Teatro San Martin (Av. Corrientes 1530) und in der Alianza Francesa de Buenos Aires (Av. Córdoba 936) werden Filmemacher wie Avi Mogravi (Israel), Thomas Heise (Deutschland), Helke Sander (Deutschland) und Denis Gheerbrant (Frankreich) dem Publikum ihre Filme zum Teil persönlich präsentieren. Mogravi, der das Festival bereits zum zweiten Mal besucht, stellt sein neustes Werk vor, „Z32” (2008). Die israelisch-französische Koproduktion über einen Ex-Elitesoldaten sei eine „musikalische Dokumentartragödie”, so Mogravi.

Das docBsAs/08 bietet ebenfalls den Rahmen für das wichtigste Dokumentarfilmforum Lateinamerikas. Im „Forum Producción Documental” werden vom 20. bis zum 25. Oktober die kreativsten Filmprojekte des lateinamerikanischen Kontinents prämiert. Die Veranstalter des docBsAs/08 haben führende Experten des Genres gewinnen können. So werden unter anderen Yves Jeanneau (Sunny Side of the Doc, Frankreich), Carlos Muguiro (Festival Punto de Vista de Navarra, Spanien) und Monique Simard (Rencontres Internationales du Documentaire de Montréal, Kanada) in der hochkarätigen Jury vertreten sein.

Das komplette Programm kann auf der Webseite des Festivals eingesehen werden.

Der Frühling lockt sie wieder

Kostenloses Kulturspektakel in Buenos Aires

Von Katharina Guderian

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Todesstoß für Kulturmuffel: Das Festival “Primavera Buenos Aires” holt auch den Faulsten vom Sofa.

Elf Wochen lang verwandelt sich die Stadt Buenos Aires in eine einzige große Bühne. So finden die Menschen, wenn es sie nach einem langen, kalten Winter nach draußen drängt, beim diesjährigen Open-Air Festival “Primavera Buenos Aires” eine schier unerschöpfliche Flut an kulturellen Angeboten.

Vom 5. Oktober bis 13. Dezember bietet die Stadt ein facettenreiches Programm mit 150 verschiedenen kulturellen Attraktionen für Erwachsene und Kinder. Parks verwandeln sich in Konzerthallen, städtische Plätze in Theaterbühnen, Straßen in Vortragssäle. Das Angebot aus Rockkonzerten, Tangoshows, Theater, Puppentheater, Filmvorführungen und Poesie bis hin zu Vorlesungen lässt keine Ausreden zu. Spezies Kulturmuffel von Aussterben bedroht. Denn: Das gesamte Programm ist völlig kostenlos.

Im Zuge des Internationalen Filmfestivals werden in drei Stadtvierteln unter dem dunklen Dach des Sternenhimmels jeweils sonntags um 16 und 18 Uhr zwei Filme gezeigt. Unter anderem “Las Intimidades de Shakespeare y Víctor Hugo” von Yulene Olaizola, Gewinner des internationalen Wettbewerbs des diesjährigen Independent-Kinofestivals, “Cama adentro” von Jorge Gaggero und “Joaquín Sabina 19 días, 500 noches” von Ramón Gieling.

Bei einem einzigartigen Spektakel spielen am 22.11. die berühmten “Berliner Symphoniker” unter dem österreichisch-argentinischen Dirigenten Jorge Uliarte am Obelisken auf der Avenida 9 de Julio.

Der Austragungsort des “Davis Cup” verwandelt sich an zwei Wochenenden (29.-30.11. und 6.-7.12.) in ein riesiges Konzertfestival, bei dem sich Fans von moderner Folklore, Rock und Reggae austoben können. Rock, Pop, Jazz und urbanen Blues gibt es im griechischen Amphitheater in Puerto Madero fünf Mal Samstag und Sonntag um 19 Uhr zu hören. Den Start machen am 16.11. “La Portuaria” und Antonio Birabent, zum Abschluss am 30.11. spielen Hilda Lizarazu und “Estelares”.

Sechs Mal vibriert Mataderos zu typischen Tango-Klängen, jeweils Samstag und Sonntag um 18 Uhr. Guillermo Fernández eröffnet am 15.11., Susana Rinaldi beendet den Kreis am 30.11. Unter der Leitung von Raúl Garello und Juan Carlos Cuacci spielt das Tangoorchester acht Mal sonntags um 11 Uhr. Zuerst am 19.10. im Amphitheater Costanera Sur, zuletzt am 7.12. auf der Plaza Juan B. Alberdi (Villa Urquiza). Das Sinfonieorchester der Stadt tritt vier Mal samstags um 18 Uhr auf, den Start macht es am 1.11. im Pasaje Lanín, den Abschluss am 6.12. auf der Plaza Juan B. Alberdi (Villa Urquiza).

Ein Musical über das Leben der Mutter Theresa von Regisseur Manuel González Gil wird 18 Mal samstags und sonntags um 18 Uhr aufgeführt. Zuerst am 11.10. im Park Centenario, zuletzt am 7.12. auf dem Platz San Martín de Tours in Recoleta.

Als ganz neues Spektakel in diesem Jahr wird im Parque Lezama ein lebendes Schachspiel präsentiert, das sich als Mischung aus Ballett und Theater an die argentinische Tango-Tradition anlehnt. Es wird vom 9.11. bis zum 7.12. immer samstags und sonntags um 17 Uhr gezeigt.

Zwei Hebammen, ein Fotograf, ein paar Milchmänner und ein Leierkastenmann touren durch die Stadt, um die Geschichte ihrer Berufe zu erzählen. Jeweils samstags und sonntags um 16 Uhr sind zum Beispiel am 11.10. die Hebammen im Park Patricios, der Fotograf im Botanischen Garten und der Leierkastenmann auf dem Platz Gral. Manuel Belgrano.

Magdalena Fleitas Spektakel “Salpicón de risas” mit Poesie und der Clowngruppe von Daniela Florentino lockt am 18.10. die Kleinen nach Costanera Sur und am 19.10. ins Amphitheater in Mataderos. Der berühmte Magier Globos zeigt zwölf Mal samstags und sonntags um 17.30 Uhr eine Show für Kinder. Die erste Vorführung findet am 1.11. auf dem Platz 1º de Mayo (Balvanera) statt, die letzte am 7.12. im Bosque Agronomía Plaza Jamaica.

Den Schluss des Kulturspektakels bildet ein riesiges Glockenkonzert am 13.12., das den Bewohnern vergessene Klänge ihrer Stadt in Erinnerung rufen will. Genauere Informationen bietet die Webseite der Stadt.

“Underground”-Musik

Jazzfestival in der Subte

Von Susanne Franz

Die Kulturabteilung “Subtevive” des U-Bahn-Betreibers Metrovías hat für den morgigen Sonntag, 21.9., einen besonderen Leckerbissen vorbereitet. ein unterirdisches Jazzfestival, in dessen Rahmen um 16, 17, 18, 19 und 20 Uhr an verschiedenen Stationen des U-Bahnnetzes über 30 Bands auftreten werden. Geboten werden die verschiedensten Stilrichtungen vom Swing über Country oder Akustik-Blues bis Bebop. So kann man zum Beispiel um 16 Uhr an der zentralen Station Carlos Pellegrini dem “Néstor Barbieri Trío” lauschen, oder an der Independencia dem “Collegium Musicum Blues Ensamble”. Je sieben Angebote gibt es um 16, 17 und 18 Uhr, um 19 Uhr sind es acht Gigs, um 20 Uhr findet ein letztes Konzert in der Station Juramento statt: Gustavo Firmenich und “Jazz 4” spielen mit Enrique Varela “Porgy und Bess” von George Gershwin. Infos und Programm hier.

Argentinische Filmpreise 2008

Puenzo und Sapir erhielten je drei “Cóndor del Plata”-Auszeichnungen

Von Susanne Franz

Am Montagabend ist Lucía Puenzos Drama “XXY” bei der 56. Verleihung der argentinischen Filmpreise “Cóndor del Plata” als bester Film des Jahres 2007 ausgezeichnet worden. Darüber hinaus gewann der Streifen die Auszeichnung für das beste adaptierte Drehbuch (Puenzo), und Inés Efrón erhielt den Silberkondor der besten Schauspielerin für ihre Darstellung der Intersexuellen Alex in Puenzos Film. Auch “La antena” wurde mit drei Preisen ausgezeichnet: Esteban Sapir erhielt die Ehrung für die beste Regie, und der Streifen gewann in den Sparten Ton und Schnitt. “El otro” von Ariel Rotter wurde mit zwei Preisen belohnt: für das beste Originaldrehbuch (Rotter) und den besten Darsteller (Julio Chávez).

Zyklus Neuer Dramaturgie

Szenische Lesungen im Goethe-Institut

Ab heute, Montag, den 1. September, und bis zum 7. Oktober, findet im Goethe-Institut Buenos Aires (Av. Corrientes 319) eine neue Reihe Szenischer Lesungen („Semi-Montados“) statt, in deren Rahmen Texte zeitgenössischer europäischer Theaterautoren von jungen argentinischen Regisseuren in Szene gesetzt werden. Die Aufführungen sind jeweils montags und dienstags um 20 Uhr; der Eintritt ist frei. Karten (zwei pro Person) können je eine Stunde vor Vorstellungsbeginn abgeholt werden.

Anja Hilling, Laura de Weck, Johannes Schrettle, Händl Klaus und David Lescot zählen zur neuen Generation europäischer Dramatiker. Ihre Stücke, die für die Reihe Neuer Dramaturgie ausgesucht wurden, handeln von der Suche nach dem Sinn und den Problemen ihrer Zeit: von oberflächlichen Freundschaften, vom Leben für den Lebenslauf, von Kommunikationslosigkeit und Resignation.

Aufführungen: 1./2.9.: „Colega de Nadie“ von Johannes Schrettle, Regie: Mariano Pensotti; 8./9.9.: „Gente favorita“ von Laura de Weck, Regie: Matías Umpierrez; 22./23.9.: „Nostalgie 2175“ von Anja Hilling, Regie: Ariel Parace; 29./30.9.: „El perfeccionamiento/L’Amélioration“ von David Lescot*, Regie: David Lescot/Julio Molina; 6./7.10.: „Un lugar de oscura atracción“ von Händl Klaus, Regie: Pilar Gamboa.
(*findet in der Alianza Francesa, Av. Córdoba 946, statt)